EL-Reform: Das ändert sich für Hausbesitzer

Mit der Reform des Gesetzes der Ergänzungleistungen (EL) will der Bund umfangreiche Einsparungen erzielen. Deshalb wird für den Bezug der EL eine Vermögensschwelle eingeführt, und Erben von EL-Bezügern werden mit einer Rückerstattungspflicht belegt.

Im März 2019 hat das Schweizer Parlament eine Reform des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) verabschiedet. Unter anderem wird eine Vermögensschwelle zum Bezug von Ergänzungsleistungen (EL) und eine Rückerstattungspflicht der Erben eines EL-Bezügers für rechtmässig bezogene EL eingeführt. Der Bund prognostiziert erhebliche Einsparungen, indem das Vermögen von EL-Bezügern deutlich stärker als bisher für die Finanzierung des Lebensbedarfs herangezogen wird. Im Hinblick auf das Inkrafttreten der Reform geben die nachfolgenden Ausführungen einen einführenden Überblick über die Grundlagen der EL und zeigen für ausgewählte Änderungen im Gesetz auf, ob und wenn ja, welche Auswirkungen diese für EL-Bezüger mit Wohneigentum haben.

Grundlagen der Ergänzungsleistungen

Insbesondere Pensionierte, Witwen, Witwer und Waisen, die eine Rente der AHV erhalten, sowie Personen, die eine Rente oder Hilflosenentschädigungen der IV beziehen, haben Anspruch auf EL. Wenn die Leistungen der AHV oder der IV den Lebensbedarf einer anspruchsberechtigten Person nicht decken und sie auf zusätzliche Mittel angewiesen ist, kann sie sich bei der zuständigen EL-Stelle (in den meisten Kantonen die kantonale Ausgleichskasse) zum Leistungsbezug anmelden. Nach der Anmeldung berechnet die zuständige EL-Stelle die Höhe der jährlichen EL. Diese entspricht dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen.

Bei den anerkannten Ausgaben wird ein Pauschalbetrag für den allgemeinen Lebensbedarf berücksichtigt. Ebenso werden die Wohnkosten angerechnet. Bei einem EL-Bezüger, der eine eigene Wohnung bewohnt, ist der Eigenmietwert massgebend. Dieser darf die im Gesetz verankerten und für Mieter geltenden Höchstbeträge von CHF 13'200.00 für alleinstehende Personen respektive CHF 15'000.00 für Ehepaare nicht überschreiten. Ansonsten wird er bis zum Höchstbetrag gekürzt. Als anerkannte Ausgaben gelten daneben Gebäudeunterhaltskosten und Hypothekarzinsen bis zur Höhe des Bruttoertrages der Liegenschaft.

Als anrechenbare Einnahmen gelten im Wesentlichen die Erwerbs- und Renteneinkünfte sowie die Einkünfte aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen. Wohneigentümer haben sich im Falle selbstbewohnten Wohneigentums den Eigenmietwert als Einkunft aus unbeweglichem Vermögen anrechnen zu lassen. Anders als bei den Wohnkosten gelten hier jedoch keine Maximalbeträge. Dies kann dazu führen, dass die anrechenbaren Einkünfte auf unbeweglichem Vermögen höher ausfallen als die anerkannten Wohnkosten. Als anrechenbare Einnahme gilt schliesslich auch der Verzehr eines Fünfzehntels (bei Altersrentnerinnen und Altersrentnern eines Zehntels) des Reinvermögens, das bei alleinstehenden Personen über CHF 37'500.00 und bei Ehepaaren über CHF 60'000.00 liegt. Zum Vermögen gehören auch selbstbewohnte Liegenschaften. Im Reinvermögen wird jedoch nur der Wert der Liegenschaft berücksichtigt, der CHF 112'500.00 übersteigt. Bei Ehegatten, von denen einer im Wohneigentum und der andere im Heim lebt, wird nur der Wert der Liegenschaft berücksichtigt, der CHF 300'000.00 übersteigt.

Erhöhung der Wohnkosten

Im Rahmen der aktuellen Reform wird erstmals auf Gesetzesstufe verankert, dass der Mietwert einer selbstbewohnten Liegenschaft die anerkannten Wohnkosten von Wohneigentümern darstellt (Art. 10 Abs. 1 lit. c ELG). Da dies bereits heute geltende Praxis ist, wird sich für Wohneigentümer unter der neuen Regelung nichts ändern. Geändert haben sich hingegen die Höchstbeträge für die anerkannten Wohnkosten. Der jährliche Mietwert bei alleinlebenden Personen darf neu die Beträge von CHF 16'440.00 in der Stadt, CHF 15'900.00 in der Agglomeration bzw. CHF 14'520.00 auf dem Land nicht übersteigen. Für weitere im gleichen Haushalt lebende Personen werden die Maximalbeträge leicht erhöht.

Neue Vermögensfreibeträge

Einer Anpassung wurden auch die Vermögensfreibeträge bei der Bestimmung des Vermögensverzehrs unterzogen. Neuerdings wird von einem EL-Bezüger verlangt, dass er pro Jahr einen Fünfzehntel (bei Altersrentnerinnen und Altersrentnern einen Zehntel) des Reinvermögens, das bei alleinstehenden Personen über CHF 30'000.00 und bei Ehepaaren über CHF 50'000.00 liegt, verzehrt. Die Vermögensfreibeträge von CHF 112'500.00 bzw. CHF 300'000.00 bei selbstbewohnten Liegenschaften bleiben unverändert.

Änderung bei den Hypothekarschulden

Selbstbewohnte Liegenschaften werden im Rahmen der Bemessung der EL nicht mit dem Verkehrs-, sondern mit dem Steuerwert im Vermögen berücksichtigt. Zusätzlich wird ein Freibetrag von CHF 112'500.00 bzw. CHF 300'000.00 gewährt. Dies kann dazu führen, dass die Hypothekarschuld höher als der anrechenbare Liegenschaftswert ist. Unter der heutigen Rechtslage kann die Hypothekarschuld vom gesamten Vermögen in Abzug gebracht werden.

In Art. 9 Abs. 5 lit. cbis ELG erhält der Bundesrat die Kompetenz, in der Verordnung zum ELG die Berücksichtigung der Hypothekarschulden für die Ermittlung des Reinvermögens neu zu regeln. Mit dieser Bestimmung wird das Ziel verfolgt, dass bei der Bestimmung des Reinvermögens die Hypothekarschulden in Zukunft nur noch vom Wert der Liegenschaft und nicht vom gesamten Vermögen in Abzug gebracht werden können.

Einführung einer Vermögensschwelle

Anspruch auf EL werden neu nur noch Personen mit einem Reinvermögen unterhalb der Vermögensschwelle von CHF 100'000.00 (bzw. CHF 200'000.00 bei Ehepaaren) haben. Selbstbewohnte Eigentumsliegenschaften sind dabei jedoch nicht zu berücksichtigen. Damit soll verhindert werden, dass jemand sein Haus oder seine Wohnung verkaufen muss, um EL zu erhalten. EL-Bezüger sollen mit anderen Worten grundsätzlich weiterhin ihr Wohneigentum bewohnen können.

Einführung einer Rückerstattungspflicht

Eine einschneidende Änderung erfährt das ELG mit der Einführung einer Rückerstattungspflicht. Art. 16a ELG sieht vor, dass rechtmässig bezogene EL aus dem Nachlass eines Bezügers zurückzuerstatten sind. Bei Ehepaaren entsteht eine Rückerstattungspflicht erst aus dem Nachlass des Zweitverstorbenen. Die Rückerstattung ist von demjenigen Teil des Nachlasses zu leisten, der den Betrag von CHF 40'000.00 übersteigt. Sie gilt sodann lediglich für EL, die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung ausbezahlt worden sind und auch nur für EL, die ein Bezüger in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod erhielt. Die zuständige Stelle muss die Rückforderung innert Jahresfrist geltend machen, ansonsten erlischt sie. Fällt in den Nachlass von EL-Bezügern eine Liegenschaft, so dürfte dieser den Betrag von CHF 40'000.00 in aller Regel übersteigen. Die neue Bestimmung wird deshalb ganz besonders die Erben von Liegenschaftseigentümern treffen. Befinden sich in der Erbmasse nicht genügend Barmittel, um eine entsprechende Rückerstattung zu leisten, so werden die Erben gezwungen sein, diese entweder aus der eigenen Tasche zu erbringen, die Liegenschaft mit Pfandrechten zu belasten oder sie gar an einen Dritten zu veräussern.

Diese Konsequenz war vom Gesetzgeber beabsichtigt. Für die EL-Bezüger selbst bestehen zahlreiche Bestimmungen, welche verhindern sollen, dass sie im Falle eines EL-Bezugs ihre selbstbewohnte Liegenschaft aufgeben müssen. Bei ihren Erben endet jedoch dieser Schutz. Der Gesetzgeber will verhindern, dass Erben vom EL-Bezug eines Erblassers profitieren können. Wie weit diese Absicht des Gesetzgebers geht, lässt sich im Moment noch nicht abschätzen. Gemäss der vorgesehenen Änderung der Verordnung zum ELG soll eine Liegenschaft im Nachlass eines EL-Bezügers zum Verkehrswert berücksichtigt werden. Schon die Bestimmung dieses Verkehrswerts dürfte zu Diskussionen führen. Noch schwieriger wird die Ausgangslage, wenn der Verkehrswert beim Verkauf einer Liegenschaft zur Deckung der Rückerstattung nicht erzielt wird. Das Referendum gegen die Änderung des ELG wurde nicht ergriffen. Das revidierte Gesetz und die angepasste Verordnung dazu werden voraussichtlich per 1. Januar 2021 in Kraft treten.

 

MLaw Murielle Fischer
Notarin
MLaw Andreas Hübscher
Fachanwalt SAV Haftpflicht- und Versicherungsrecht
chkp. ag Rechtsanwälte Notariat
Bremgarten