Bau- und Immobilienrecht.

Die Energiewende kommt – Chancen und Risiken für Hauseigentümer am Beispiel von Photovoltaik-Anlagen

Der Energiebedarf in der Schweiz wird mit verschiedenen Energiequellen gedeckt. Neben Immissionen verursachenden, endlichen fossilen Energien und der umstrittenen Kernenergie werden erneuerbare Energien immer wichtiger. Für Hauseigentümer kann es sich lohnen, den Einsatz erneuerbarer Energien zu prüfen.

Energiestrategie 2050

Nach dem Reaktorunfall in Fukushima (Japan) haben Bundesrat und Parlament 2011 einen Grundsatzentscheid für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie gefällt und den Grundstein für eine neue Energiepolitik gelegt. Die bestehenden Kernkraftwerke (Beznau I+II, Gösgen, Leibstadt, Mühleberg) sollen am Ende ihrer sicherheitstechnischen Betriebsdauer stillgelegt und nicht durch neue Kernkraftwerke ersetzt werden. Aufgrund dieses Entscheids und weiterer Veränderungen im internationalen Energieumfeld ist ein Umbau des Schweizer Energiesystems unabdingbar.

Der Bundesrat hat dem Parlament ein Massnahmenpaket für die langfristige und nachhaltige Sicherstellung der Energieversorgung unterbreitet. Darin wird in erster Linie auf eine konsequente Erschliessung der vorhandenen Energieeffizienzpotenziale und in zweiter Linie auf eine ausgewogene Ausschöpfung der vorhandenen Potenziale der Wasserkraft und der "neuen" erneuerbaren Energien gesetzt. Das Massnahmenpaket wurde vom Parlament angenommen und die Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien mit einer Anfang 2014 in Kraft getretenen Änderung des Energiegesetzes bestärkt.

Einsatz erneuerbarer Energien

Mit der Wasserkraft besitzt die Schweiz einen traditionsreichen und gewichtigen erneuerbaren Energieträger. Daneben weisen auch die "neuen" erneuerbaren Energien Sonne, Holz, Biomasse, Wind, Geothermie und Umgebungswärme einen zunehmenden Anteil an der Energieversorgung in der Schweiz auf. Die langfristigen Potenziale der einheimischen, erneuerbaren Energien zeigen, dass in fast allen Bereichen sehr gute Aussichten für den Strom- und Wärmebereich bestehen. Insbesondere Holz und die übrige Biomasse, Umgebungswärme, Elektrizität aus Kleinwasserkraftwerken sowie in bescheidenem Ausmass auch Windstrom sind kurzfristig verfügbar und teilweise wirtschaftlich konkurrenzfähig. Auch Photovoltaik-Anlagen befinden sich auf dem Vormarsch.

Im Folgenden sollen Chancen und Risiken für Hauseigentümer beim Einsatz erneuerbarer Energien am Beispiel von Photovoltaik-Anlagen dargestellt werden.

Finanzielle Förderung von Photovoltaik-Anlagen

Der Bund fördert neue Photovoltaik-Anlagen durch kostendeckende Einspeisevergütungen (KEV) und Einmalvergütungen (EIV). Diese Förderungen können bei der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid angemeldet werden (weitere Details zum Anmeldeverfahren sind auf der Website von Swissgrid zu finden). Aufgrund der sehr hohen Nachfrage besteht für die KEV jedoch eine lange Warteliste.

Einzelne Kantone, Gemeinden und Energieversorger leisten zusätzliche Investitionsbeiträge oder Einspeisevergütungen. Es ist deshalb wichtig, sich diesbezüglich beim Standortkanton oder der Standortgemeinde zu informieren. Im Kanton Aargau ist einzig die Förderung von Solarwärmeanlagen vorgesehen.

Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV)

Die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) deckt die Differenz zwischen Produktionskosten und Marktpreis und garantiert den Produzenten von erneuerbarem Strom einen Preis, der ihren Produktionskosten entspricht. Die Vergütungsdauer beträgt 20 Jahre. Die Vergütungssätze werden regelmässig überprüft und wenn nötig für neue Anlagen angepasst. Gespeist wird der KEV-Fonds von allen Stromkonsumenten. Die KEV kann für Photovoltaik-Anlagen ab 10 kW beantragt werden. Betreiber von Anlagen mit einer Leistung zwischen 10 kW und unter 30 kW können zwischen KEV und EIV wählen.

Einmalvergütung (EIV) für kleine Photovoltaik-Anlagen

Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von weniger als 10 kW werden mit einer Einmalvergütung (EIV) gefördert. Für Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von weniger als 2 kW werden keine Beiträge mehr geleistet. Die Einmalvergütungen (Vgl. www.swissgrid.ch/eiv > Tarifrechner) betragen höchstens 30 Prozent der Investitionskosten einer Referenzanlage und unterliegen keiner Kontigentierung, sofern genügend Fördermittel zur Verfügung stehen.

Chancen und Risiken für Hauseigentümer

Chancen: Erträge, Kosteneinsparungen und Unabhängigkeit durch Eigenversorgung

Neben Fördermassnahmen, die das finanzielle Risiko reduzieren, können Vorteile mit dem Betrieb der Anlage anfallen: Der Ersteller einer mit Fördermitteln erstellten Anlage hat z.B. das Recht, die selbst produzierte Energie am Ort der Produktion zeitgleich zu verbrauchen (Eigenverbrauch). Für jede selbst konsumierte Kilowattstunde können somit rund 20 Rp. an Strombezugskosten eingespart werden. Die überschüssige Produktion kann auf dem Strommarkt verkauft werden: Die Elektrizitätsunternehmen müssen den Strom zum jeweiligen marktorientierten Bezugspreis von derzeit durchschnittlich 6-10 Rp./kWh abnehmen. Darüber hinaus kann der ökologische Mehrwert (der Mehrwert der ökologischen Stromproduktion gegenüber konventionell generierter Elektrizität) verkauft werden. Je nach Anlagekapazität und Energiebedarf ist schliesslich eine teilweise bis vollständige Unabhängigkeit von externen Energielieferungen möglich.

Risiken: Wegfall Fördermittel, Erstellungs-, Betriebs-/Unterhaltskosten und Bindung

Wer heute eine neue Photovoltaik-Anlage für die KEV anmelden will, hat kaum mehr realistische Chancen in die KEV-Förderung aufgenommen zu werden (Vgl. Faktenblatt Einmalvergütung und Eigenverbrauch für kleine Photovoltaik-Anlagen des Bundesamtes für Energie, Version 4.1 vom 22.01.2016). Für Anlagen ab 30 kW sind aktuell damit keine Förderbeiträge zu erwarten. Betreibern von Anlagen mit einer Leistung zwischen 10 kW und unter 30 kW ist zu empfehlen, sich nach der Inbetriebnahme für die EIV zu entscheiden und so einen Beitrag an die Investitionskosten zu erhalten.

Im Weiteren sind Kosten für Erstellung, Betrieb und Unterhalt der Photovoltaik-Anlage hinreichend zu berücksichtigen und in Relation zu möglichen Kosteneinsparungen und Erträgen zu setzen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Dies gilt umso mehr, als der Betrieb einer Anlage für mindestens 10 Jahre gewährleistet werden muss. Andernfalls kann die Einmalvergütung durch die Swissgrid nachträglich zurückgefordert werden.

Fazit

Am Beispiel der Photovoltaik-Anlagen wird deutlich, dass der Einsatz erneuerbarer Energien neben dem ökologischen Nutzen – insbesondere bei staatlicher Subventionierung – auch wirtschaftlich sinnvoll sein kann, zumal dadurch Kosteneinsparungen und Einkünfte erzielt werden können, die die Erstellungskosten sowie die Betriebs- und Unterhaltskosten während der Anlagenutzungsdauer oder einer Mindestlaufzeit aufwiegen oder übersteigen. Wie der Ansturm auf die KEV-Förderung zeigt, sind staatliche Fördermassnahmen stets möglichst frühzeitig zu beantragen.

Die geplante Energiewende und der Einsatz von erneuerbaren Energien kann sich somit durchaus als Chance für Hauseigentümer erweisen.

Philipp Laube
Dr. iur HSG
Rechtsanwalt und dipl. Architekt HTL
chkp. ag Rechtsanwälte Notariat
Baden