Bau- und Immobilienrecht.

Gut vereinbart ist halb gewonnen

Werkverträge und deren Vergütung

Ob es die Ankündigung eines neuen Familienmitglieds ist oder einfach der sich von Zeit zu Zeit bemerkbar machende Drang zur Veränderung: Die Gründe für Arbeiten am Haus sind vielfältig. Hauseigentümer haben dadurch immer wieder mit Handwerkern wie beispielsweise Gärtnern oder Malern zu tun. Dabei kommt es nicht selten vor, dass die Vergütung für eine zu erbringende Leistung im Voraus nicht genau festgelegt wird. Dies kann zu Streitigkeiten führen, die nicht nur Anwälte beschäftigen, sondern mit denen sich schlussendlich auch die Gerichte befassen müssen.

Vorliegender Beitrag soll einen kurzen Überblick über die Rechtslage rund um das Thema Vergütung im Zusammenhang mit Werkverträgen verschaffen. Dabei werden praktische Fallbeispiele und deren rechtliche Einordnung aufgezeigt. Gleichzeitig soll zu einem bewussteren Umgang mit dem Thema beigetragen werden.

Die gesetzliche Grundlage für die nachfolgende Übersicht findet sich in Art. 373 ff. OR. Abweichende Vereinbarungen zwischen den Parteien (z.B. eine Vereinbarung der Norm SIA 118 – Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten), aufgrund derer sich abweichende rechtliche Konsequenzen ergeben können, werden hier nicht behandelt. Das Gesetz verwendet die Begriffe des «Bestellers» und des «Unternehmers». Diese Terminologie wird übernommen.

Was kostet eine Offerte?

Sie haben genug von überfüllten Schwimmbädern und möchten sich im nächsten Sommer gerne im eigenen Pool abkühlen. Sie beauftragen einen Poolbauer, der nach einer Besichtigung Ihres Gartens eine Offerte erstellt. Sie haben genaue Vorstellungen von der idealen Form und den Abmessungen und die Poolumrandung soll aus Naturstein gemacht werden. Der Poolbauer setzt den Preis bei CHF 100'000 fest. Das liegt deutlich über Ihrer Preisvorstellung, weshalb Sie sich gegen das Projekt entscheiden. Der Poolbauer verlangt eine Entschädigung für seine bisherige Arbeit.

Die im Zusammenhang mit Offerten anfallenden Kosten sind Teil der Verhandlungskosten und damit grundsätzlich vom Unternehmer zu tragen – es sei denn, es wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart. Anders sieht es aus, wenn die Offerte Ideen oder Pläne enthält, die später verwendet werden. In diesem Fall kann der Unternehmer eine Vergütung fordern.

Wenn der Unternehmer «einfach mal machen soll»

Der alte Sessel, den Sie von Ihrer Grossmutter geerbt haben, soll mit einem modernen Streifenstoff überzogen werden. Ohne eine Festlegung des Preises geben Sie den Neubezug in der Polsterei in Auftrag.

Wird der Preis einer Leistung im Voraus nicht bestimmt, richtet sich die Vergütung nach der Arbeit und dem Aufwand des Unternehmers. Der Wert des hergestellten Werkes spielt schlussendlich keine Rolle. Geschuldet ist nur der Aufwand, der bei sorgfältigem Vorgehen des Unternehmers objektiv notwendig ist – unnötig verursachter Aufwand muss also nicht vergütet werden. Es ist mitunter allerdings schwierig zu beweisen, welcher Aufwand nötig, respektive unnötig war. Um unschönen Überraschungen vorzubeugen, empfiehlt sich demnach, zuerst nach dem Preis zu fragen.

Darf von einem Pauschalpreis abgewichen werden?

Ihr Büro soll einen neuen Anstrich bekommen. Nach Angabe der Zimmergrösse offeriert Ihnen der Maler einen Pauschalpreis von CHF 800. Nachdem er das Zimmer gestrichen hat, verlangt er aufgrund seines angeblich höheren Aufwandes einen Preis von CHF 900.

Der Pauschalpreis von CHF 800 bildet zugleich Höchst- als auch Mindestpreis und ist verbindlich. Der Maler kann somit unabhängig von seinem effektiven Aufwand maximal CHF 800 verlangen – insbesondere auch, wenn die Erstellungskosten (z.B. aufgrund höherer Material-, Arbeits- oder anderer Kosten) den Pauschalpreis übersteigen. Zugleich ist der Besteller allerdings verpflichtet, den vollen Preis zu bezahlen, auch wenn sich im Nachhinein ein erheblich geringerer Aufwand ergibt.

Es gibt Konstellationen, in denen der Besteller trotz Pauschalpreisabrede schlussendlich mehr als den vereinbarten Pauschalpreis bezahlen muss. Zu erwähnen sind beispielsweise Bestellungsänderungen. Selbstredend müssen Sie dem Maler mehr bezahlen, wenn Sie so begeistert von seiner Arbeit und der gewählten Farbe sind, dass Sie ein weiteres Zimmer gestrichen haben möchten. In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen einer Bestellungsänderung und einer im Pauschalpreis inbegriffenen Leistung nicht immer ganz einfach. Grundsätzlich ist der Unternehmer bei einem offerierten Pauschalpreis zur Erstellung des vereinbarten Werks verpflichtet. Was das alles beinhaltet, ergibt sich aus dem konkreten Werkvertrag und ist durch dessen Auslegung zu ermitteln. Um einer Streitigkeit vorzubeugen, lohnt sich eine sogenannte Vollständigkeitsklausel. Damit wird vertraglich vereinbart, dass der Pauschalpreis alle für die vertragsgemässe Ausführung des vereinbarten Werkes notwendigen Leistungselemente abdeckt.

Der Maler in unserem Fallbeispiel ist ebenso nicht an den Preis von CHF 800 gebunden, wenn ausserordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten, die Fertigstellung des Werkes hindern oder übermässig erschweren. Solche Umstände würden beispielsweise vorliegen, wenn während den Malerarbeiten ein (nicht vom Maler verursachter) Wasserschaden dazu führt, dass dieser seine Arbeit von Neuem beginnen muss.

Verlangt ein Unternehmer nach Beendigung des Werks plötzlich mehr als vereinbart, muss der Besteller beweisen, dass ein Pauschalpreis vereinbart wurde. Dass von einem bestimmten Preis die Rede war, genügt nicht. Demnach empfiehlt es sich, einen schriftlichen Vertrag abzuschliessen, aus dem der Pauschalpreis unmissverständlich hervorgeht und der idealerweise eine Vollständigkeitsklausel enthält.

Was gilt bei Einheitspreisen?

Wiederum geht es um Malerarbeiten. Diesmal möchten Sie Ihre ganze Hausfassade gestrichen haben. Der Maler erstellt eine Offerte mit Einheitspreisen, das heisst, er listet die Einzelleistungen sowie einen Preis pro Einheit (z.B. pro m2 Anstrich) der verschiedenen Einzelleistungen auf.

Mit der Vereinbarung eines Einheitspreises macht der Unternehmer eine verbindliche Aussage, welchen Preis eine Einheit hat. Von diesem Preis kann wiederum unter den eingeschränkten Möglichkeiten, die bereits beim Pauschalpreis erläutert wurden, abgewichen werden. Da Einheitspreise in der Regel aufgrund der jeweiligen Gesamtmengen festgelegt werden, kann unter Umständen auch von diesen abgewichen werden, wenn sich die effektiven Gesamtmengen erheblich reduziert oder erhöht haben.

Bezüglich der Anzahl der zu leistenden Einheiten wird entweder auf verbindlich ermittelte Ausmasse abgestellt, oder es können Annahmen (prognostizierte Vorausmasse) getroffen werden. Wird die Anzahl der jeweils zu leistenden Einzelleistungen vom Unternehmer geschätzt, kann der so ermittelte Werklohn als ungefährer Kostenansatz verstanden werden. Dieser gibt dem Besteller im Sinne einer Prognose Auskunft über den mutmasslichen Betrag, den das infrage stehende Werk schlussendlich kosten wird. Geschuldet wird nur die Anzahl Einheiten, die bei sorgfältiger Ausführung notwendig sind. Eine Überschreitung des ungefähren Kostenansatzes muss nicht akzeptiert werden, wenn sie übermässig und damit unverhältnismässig ist. Die Unverhältnismässigkeit ist im Einzelfall zu beurteilen, wobei Treu und Glauben im Geschäftsverkehr massgeblich sind. Im Sinne einer Faustregel wird davon ausgegangen, dass die veranschlagten Kosten nicht um mehr als 10% überschritten werden dürfen.

Der Circa-Preis

Auf Ihrem Grundstück soll ein Gartenpavillon für gemütliche Sommerabende errichtet werden. Der Preis wird nicht genau bestimmt, sondern zwischen CHF 25'000 bis CHF 30'000 festgelegt.

Rechtlich handelt es sich um einen sogenannten «Circa-Preis». Der Preis einer Leistung wird ungefähr bestimmt und liegt, je nach Massgabe des Wertes der geleisteten Arbeit und Aufwendungen des Unternehmers, höher oder tiefer innerhalb der Preisspanne. Wird sowohl eine Unter- als auch eine Obergrenze festgelegt, oder eine Spanne von beispielsweise +/- 10%, sind diese verbindlich. Komplizierter wird es, wenn anstatt konkreter Gabelwerte zum Beispiel eine Summe von «circa CHF 25'000» vereinbart wird. Bei einer solchen Abrede muss durch Vertragsauslegung ermittelt werden, wo die Preisgrenzen liegen.

Fazit

Die aufgezeigten Fallkonstellationen wurden stark vereinfacht dargestellt. In der Praxis werden die verschiedenen Preisarten oftmals miteinander kombiniert. Grundsätzlich ist immer ein schriftlicher Vertrag zu empfehlen. Dabei soll möglichst klar (und im Streitfall beweisbar) geregelt sein, was der Besteller und der Unternehmer miteinander vereinbart haben.

Philipp Laube
Dr. iur. HSG
Rechtsanwalt und dipl. Architekt HTL
Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht
chkp. Rechtsanwälte Notariat
Baden
unter Mitarbeit von MLaw Anna Bucher